September ist seit Jahren unser Monat für die Reisen ans Meer. Hier holen wir den Sommer wieder ein, solange die Kinder noch nicht schulpflichtig sind. Und obwohl so viele Gründe für das Glücklichsein am Meer sprechen, war ich vor einigen Tagen am Rande des Nervenzusammenbruchs.
Als wir in Griechenland auf Chalkidiki ankamen, hat mich das Gefühl verfolgt, dass man uns gar nicht erwartet hat. Ich könnte schreiben, wie es sich anfühlt, wenn man nach langer Reise müde mit den Kindern die Ferienwohnung erreicht, die man vor Monaten gebucht hat und….
- Dich im Haus ein lauter Staubsauger begrüßt.
- Man sich weder umziehen, noch Hände waschen kann, da die Putzmittel gerade versprüht werden.
- Man auf Bitte die fehlenden Sachen: Pfanne, Geschirr, etc. nachzuliefern und die kaputten Sachen: Licht, Wasserhahn, etc. zu reparieren vom Eigentümer ausgelacht wird. Wie fühlt sich dann der Hinweis des Gastgebers, dass man zu viele Forderungen stelle und das man gern ausziehen kann, wenn es einem nicht gefällt. Das Geld für die gesamte Mietzeit, wolle der Eigentümer aber behalten…
Wie fühlt es sich an, für eine urlaubsreife Frau?
Und wenn die Frau Volljuristin ist?
Und wenn die Frau Mutter ist?
Mich überkommen gerade Emotionen und Gedanken, wie ich mich räche. In meinem Kopf steht schon die Ideenauswahl für meine Rache: vom Köpfen bis Verklagen vor dem europäischen Gerichtshof. Ehrlich gesagt, neige ich zum ersten … entscheide mich aber für das zweite und fange schon mal in Gedanken die Klage zu formulieren…
Unser Gastgeber wird immer lauter und verliert die Kontrolle über seine Wortwahl. Ich wäge ab, ob ich eine Tonbandaufnahme auf dem Handy starte und sehe plötzlich, wie unsere Kinder still stehen. Gerade haben sie noch gelacht und vor dem Eingang gespielt.
Ich sehe sie mir genau an. In Ihren Augen steht: „DAS BAND LÄUFT“. Jetzt erlernen unsere Kinder das Verhaltensmuster, das sie später in Konfliktsituationen in Ihrem Leben als Erwachsene anwenden… Diese Wirkung hält viel länger als alle meine Handlungen, mit denen ich mich gerade rächen wollte… ich bin überrascht von der Tragkraft der Lösung und weiß: die Frage „wie reagiere ich ?“ ist jetzt geklärt.
„ Ich möchte Sie darauf hinweisen, dass meine Frau Juristin ist.“ sagt mein Mann. „Ach so! Um so besser“ höre ich den Eigentümer schreien.
Ich atme tief durch. Lächle und umarme die Kinder.
„Mama, werden sie sich schlagen, wie die Jungs in meinem Kindergarten?“, fragt meine Tochter und macht ganz große Augen.
„Wozu den schlagen? Wir werden später in Ruhe reden. Aber jetzt wollen wir zum Strand. Das Meer wartet!“, entgegne ich.
Ruhig sage ich zum Eigentümer: „Wir müssen unser Gespräch vertagen, da wir andere Pläne haben. Morgen werde ich ein Schriftstück vorbereiten.“
Wir lassen unser Gepäck einfach im Haus bei der Putzfrau stehen und laufen ans Meer.
Ich muss gestehen, am nächsten Tag habe ich meinen Mann geschickt, um mit dem Vermieter und seinem Team zu kommunizieren. Mir war klar, das tut uns beiden gut: mein Mann bekommt die Bühne frei für seine Heldentaten und ich darf in Ruhe mich auf den Urlaub konzentrieren.
Was unsere Ferienwohnung betrifft, so wurden die Mängel nach 1 Woche zum größten Teil beseitigt, ganz ohne mein Einmischen.
Mir geht es nicht darum zu beweisen, wer Recht hat. (Solange ich es nicht beruflich tun muss.)
Mir geht es darum, für die Menschen, die ich liebe, ein glückliches Umfeld zu schaffen. Und dafür gibt es nur eine Voraussetzung: Mama muss glücklich sein. Also arbeite ich an meinem Glück jeden Tag, besonders im Urlaub 😉
7 Praktische Schritte, wenn plötzlich eine Konfliktsituation auf mich zukommt
- Ich bitte um kurze Unterbrechung und verlasse den Raum. Wenn möglich, an die frische Luft gehen.
- Ich konzentriere mich auf die Atmung. 30 bewusst langsame Atemzüge entspannen mich wieder.
- Ich rufe jetzt die Ideen für die Konfliktlösung ab und schaue sie mir genauer an. Jede Handlung bewirkt ein Ergebnis (kurzfristig und langfristig).
- Ich wähle das Ergebnis, was mir am besten gefällt.
- Erst jetzt kehre ich zurück zur Streitsituation und reagiere. Dieses bewusste Reagieren – mit dem Ziel ein bestimmtes Endergebnis zu erreichen nennt sich „proaktives Handeln“ und wird in den Büchern von Stephen R. Covey beschrieben.
- Anschließend konzentriere ich mich auf die positive Wirkung des Konflikts. Ich konnte zwar die Konfliktsituation nicht vermeiden, aber es war meine Entscheidung WIE ich darauf reagiere.
- Abends nehme ich mir 10 Minuten Zeit und schreibe mindestens 3 Gründe auf, wofür ich der Konfliktsituation dankbar bin.
Es hört sich nach viel Arbeit und Zeit an, ich weiß. Die Lösung heißt – tägliche Praxis, sie hilft die ganze Prozedur, als Routine in wenigen Minuten im Kopf abspielen zu lassen. Das Resultat übertrifft jedes Mal alle meine Erwartungen und schenkt mir das tolle Gefühl selbst am eigenem Glück arbeiten zu können. Und vielleicht will jemand von Euch es auch ausprobieren…
Ich wünsche Euch Glück und friedliche Konfliktlösungen egal, wo sie Euch überraschen.
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Meine Bücherempfehlungen:
Arun Gandhi „Wut ist ein Geschenk.“
Stephen R. Covey „Die 7 Wege zur Effektivität für Familien: Prinzipien für starke Familien.“